Nur mehr zwei Runden, das letzte Heimspiel und mit Sturm Graz dazu ein attraktiver Gegner. Dies sind die Zutaten für Teil 1 des Saisonfinales, das an Spannung kaum mehr zu überbieten ist.
Ein gescheitertes Experiment
Nach der schmerzhaften Trennung von Langzeit-Coach Franco Foda und dem Chaos um das Intermezzo von Paul Gludovatz als sportlicher Geschäftsführer sollte im vergangenen Sommer schnell die Rückbesinnung auf die sachliche Ebene erfolgen. Ganz in diesem Sinne freute sich Präsident Christian Jauk mit Peter Hyballa einen konzeptionell versierten Trainer auf der Bank sitzen zu haben, der bei den Grazern speziell im taktischen Bereich ein deutlichen Entwicklungsschub auslösen sollte. In den Medien war schnell vom „Kernöl-Tiki-Taka“ die Rede und manche Auftritte des Meisters von 2011 schienen dem neuen, aber labilen System der sportlichen Führung Recht zu geben. Rückschläge blieben jedoch ein steter Begleiter des enorm kraftraubenden Angriffsfußballs des SK Sturm, der personell nach wie vor die Ruhe vergangener Tage suchte. Im Tor musste Ex-Teamgoalie Christian Gratzei dem unerfahrenen Christian Focher Platz machen, Sturm-Urgestein Mario Haas wurde von Peter Hyballa in die Fußball-Pension geschickt und selbst ehemalige Stammkräfte wie Manuel Weber oder Andi Hölzl durften sich ihrer Fixplätze nicht mehr sicher sein. Durch diese rücksichtslos durchgezogenen Entscheidungen des Trainers währte der oberflächlich wiedergewonnene Burgfrieden an der Murmetropole nicht lange. Das häufig als selbstverliebt angekreidete Verhalten Hyballas trug seinen Teil dazu bei und sorgte dafür, dass es schon zum Jahreswechsel einsam um den deutschen Coach wurde. Dessen Assistent Ayhan Tumani, der ab Herbst zudem die Agenden des sportlichen Geschäftsführers übernahm, verließ bereits im März 2013 die Steirer und auch in der Vorstandsregie des SK Sturm rumorte es heftig. Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich ein 2:2 gegen Mattersburg einen Monat später, das auch Peter Hyballa den Arbeitsplatz kosten sollte.
Im Rückwärtsgang nach Europa?
Schon zum Zeitpunkt der Beurlaubung Hyballas befand sich Sturm gemeinsam mit Rapid, dem WAC und Ried im Vierkampf um die verbleibenden zwei Europacup-Plätze. Markus Schopp, der schon im nach dem Abgang Francos Fodas heißer Favorit auf den Trainerposten bei Sturm war, wurde von den Amateuren zum Bundesliga-Kader befördert und sollte nun die Qualifikation für das internationale Geschäft unter Dach und Fach bringen. Für die euphorisierte Fangemeinde ging ein Traum in Erfüllung, war Schopp als Stütze der Meistermannschaft von 1998 und 1999 doch seit jeher der Wunsch-Kandidat für das Amt gewesen und soll parallel dazu verloren gegangene Identifikation mit den Schwarz-Weißen wiederherstellen: Eine Aufgabe, die in Tirol wohl einer Gallionsfigur zufallen würde. Der anfängliche Zauber in der UPC-Arena war allerdings schnell verflogen, denn aus den vier bisher unter Schopp bestrittenen Partien hagelte es drei Niederlagen – mit teils inferioren Leistungen, in denen sich die Mannschaft mit individuellen Fehlern und geistiger Abwesenheit scheinbar gegenseitig anzustecken scheint. Lag Sturm Ende April noch auf dem rettenden vierten Platz, der als letzter für die Europacup-Teilnahme berechtigt, wurde man kurzzeitig von der Konkurrenz aus dem Innviertel und aus Wolfsberg sogar auf Platz Sechs durchgereicht. Auch der zuletzt vom Ergebnis her deutliche 3:1-Sieg gegen die SV Ried täuschte über viele Unzulänglichkeiten hinweg, die es mit einem beherzten Auftritt auszunutzen gilt. Besonders in der Rückwärtsbewegung ließ Sturm Fehler in der Zuordnung erkennen und überließ den Oberösterreichern viel Platz für eigene Aktionen. Dass man trotz der trüben Gegenwart nach wie vor gute Aussichten auf Europa hat, liegt deshalb eher am Unvermögen von Ried und dem WAC, die ihrerseits zum Saisonende nicht mehr durchgehend punkten können. Somit könnte für die Grazer trotz einer turbulenten Saison doch noch ein glückliches Ende bevorstehen. Für Christian Gratzei hat es genau jenes Glückserlebnis übrigens schon vorzeitig gegeben: Markus Schopp gab ihm seinen Stammplatz im Tor wieder zurück. Retro scheint aktuell „In“ zu sein in der Steiermark.
Noch 180 Minuten
Ganz andere Probleme plagen im Gegensatz dazu den Tiroler Traditionsverein. Die 1:3-Niederlage in der Bullenarena zog glücklicherweise noch keine ernsthaften Konsequenzen nach sich, da sich die punktegleichen Wiener Neustädter am Verteilerkreis ebenfalls geschlagen geben mussten. Möchte Schwarz-Grün den letzten Platz aber verlassen, braucht man zumindest einen Zähler – und die Gewissheit, dass der WAC seinerseits gegen die Pfeifenberger-Elf siegreich bleibt. Für Roland Kirchler wird sich am Mittwochabend die Qual der Wahl ergeben, wen er mit einem Platz in der Startelf beglücken möchte. Mit Martin Svejnoha, Daniel Schütz und Christian Schilling werden gleich drei wichtige Akteure nach ihrer Sperre zurückkehren. Zudem dürften sich für den zuletzt angeschlagenen Lukas Hinterseer wieder ein paar Einsatzminuten mehr ausgehen. Ein kurzer Blick zurück auf das erste Aufeinandertreffen beider Vereine am Tivoli sollte zusätzliche Emotionen für Mittwochabend freisetzen: Fast über die gesamte Spielzeit hatte unser FCW den SK Sturm im Griff, bis Richard Sukuta-Pasu in der Schlussminute direkt in das wackere Herz traf. Die aus diesem Gegentor folgenden Konsequenzen – das Werfen von Gegenständen auf das Spielfeld, ein hinterfragenswerter Spielabbruch, Strafverifizierung und Rückreihung bei Punktegleichheit – verfolgen unseren FC Wacker Innsbruck bis heute.
Wacker im Doppelpack
Wer sich auf das letzte Heimspiel in dieser Saison standesgemäß einstimmen möchte, dem sei das Halbfinale des Tiroler Cupbewerbs ans Herz gelegt. Bereits ab 18 Uhr trifft das Regionalliga-Team des FC Wacker Innsbruck auf den FC Kufstein am benachbarten Tivoli W1-Platz.
Spieldaten:
tipp3-Bundesliga powered by T-Mobile, 35. Runde
FC Wacker Innsbruck – SK Puntigamer Sturm Graz
Mittwoch, 22. Mai 2013, 20:30 Uhr
Tivoli Stadion Tirol, Innsbruck
SR Robert Schörgenhofer